08 Juni 2013

Kirschrote-Sommer-Aktion: Autoren Special

Liebe Carina,
vielen Dank, dass du bei meiner Aktion mitgemacht hast. 
Danke, dass du die Bücher geschrieben hast und uns alle damit begeistert hast. 
Danke, dass wir uns in die Welt von Emely und Elyas träumen durften und 
Danke dass du so ein wunderbarer Mensch bist.
und natürlich auch Danke für den Kaffee in Jena, das müssen wir wiederholen!


Die Aktion findet ihr auch auf meinem Partnerblog "Quietschies-Bücherregal" von Nadine

So jetzt bekommt Ihr Einblicke in die Gedankenwelt von Carina Bartsch.





1. Was hast du dir dabei gedacht, dass Emely so zickig ist oder ist sie es in deinen Augen überhaupt nicht? Einige Leser finden Emely für ihr Alter einfach zu kindisch. Was hast du dir bei ihrem Charakter gedacht?

Grundsätzlich muss ich dazu erst mal eine Sache vorwegsagen: Als Autor liest man Bücher ganz anders. Ich für meinen Teil würde z.B. nie die Wertung eines Buches davon abhängig machen, ob ich den Hauptcharakter mag oder er vllt. gar anders handelt, als ich es tun würde. Das sind sehr, sehr subjektive Punkte, die nichts damit zu tun haben, ob ein Buch gut oder schlecht ist. Um mal ein relativ bekanntes Beispiel zu nennen: Ich wurde über die gesamten drei Bände der "Hunger Games" nicht mit Katniss Everdeen warm. Die war mir einfach viel zu unterkühlt. Es war nicht unverständlich, dass sie so ist, wie sie ist, aber mir persönlich war sie einfach zu kühl. Nichtsdestotrotz gehört diese Reihe in meinen Augen zu den besten Jugendbüchern der letzten Jahre.

Aus diesem Grund sind Charakterkritiken, die sich auf die Wertung des gesamten Buches auswirken, immer sehr ambivalent für mich. Einerseits sehe ich sie sogar als Kompliment: Denn wer sich zwei DinA4 Seiten lang über einen Charakter aufregt, der muss ihn zweifelsfrei als Person ernst genommen haben. Das ist letztendlich auch das, worauf es mir ankommt. Ich wollte keinen Charakter entwerfen, den alle total toll finden, sondern einen, der glaubhaft ist.

Halte ich Emely für kindisch? Ich halte Emely in ihren Gedankengängen, in ihrer Weltanschauung und der Art und Weise, wie sie durchs Leben geht und ihr Leben auch meistert, als alles andere als für kindisch. Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter sind Bücher, die sich entwickeln. Es fängt sehr locker und leicht an, aber von Seite zu Seite entfaltet sich, dass viel mehr hinter dem Ganzen und den Charakteren steckt. Wenn man nur 100 Seiten gelesen hat, wundere ich mich nicht, dass ein Urteil wie dieses gefällt wird.

Im Alltag spreche ich Emely durchaus Reife zu – in Bezug auf Elyas verhält es sich schon ein bisschen anders. "Kindisch" wäre nicht das Wort, das ich wählen würde, weil es einfach eine viel zu negative und diskreditierende Wertung mit sich bringt, aber ich sehe es durchaus auch so, dass Emely sich im zwischenmenschlichen Bereich, was das Thema Liebe angeht, jung verhält und sich ungewöhnlich schwertut. Das ist bewusst von mir so gehalten und hat in meinen Augen logische Gründe. Emely fehlt die Erfahrung in Sachen Liebe. All das, was 16 Jährige zum ersten Mal erleben, hat Emely nie gehabt. Und auch später nicht. Sie war fürchterlich verliebt in einen Jungen, der wies sie sehr schroff ab, und danach hatte sie nur oberflächliche Vernunftbeziehungen, die nichts mit dem berühmten Kribbeln im Bauch zu tun hatten. Emely hatte noch nie eine Beziehung zu einem Mann, für den sie ernsthafte und tiefe Gefühle hegt. Woher soll sie wissen, wie sie sich in so einer Situation verhalten soll? Emely ist nicht zickig im herkömmlichen Sinne und schon gar nicht, weil sie ein zickiger Mensch ist – Emely ist aus Angst und Selbstschutzgründen abweisend. Darin liegt ein riesiger Unterschied. Emely ist überfordert mit ihren Gefühlen. Nicht nur, dass sie intensiv sind, sondern sie richten sich ausgerechnet an jene Person, die sie damals so verletzt hat und dank der sie ihre Unbefangenheit bei dieser Thematik verloren hat. Emely benimmt sich manchmal wie 16, weil sie die Erfahrung nachholt, die ihr damals mit 16 und in den Jahren danach gefehlt hat. Reife kommt durch Erfahrung. Wie soll man Reife ohne Erfahrung entwickeln? Das geht nicht.

Alter ist lediglich eine Zahl. Wenn sich eine 76 Jährige zum ersten Mal verliebt, dann wird auch sie wie eine 16 Jährige handeln und keine Ahnung haben. Woher sollte sie es auch besser wissen?

Liebe ist etwas wahnsinnig Irrationales. Wenn Hormone die Oberhand gewinnen, dann hat der Verstand Sendepause. Man lernt mit den Jahren, wenn es einen erwischt, ein bisschen besser damit umzugehen, es ein bisschen besser zu kontrollieren, aber dass man es jemals richtig im Griff hat, ist unmöglich –zumindest dann, wenn es sich um echte Gefühle handelt. "Junges Verhalten" spielt immer eine gewisse Rolle bei dem Thema Liebe. Da knallen einfach sämtliche Sicherungen durch. Rationalität ade, was übrig bleibt, ist ein jämmerlicher Hormonhaufen namens Mensch. Ich kann nur über Erfahrungen schreiben, die ich selbst im Leben gemacht habe, und jene, die mir durch Begegnungen im Leben weitergegeben wurden. Für mich findet Liebe jenseits von allem Rationalen statt. Und gerade das ist doch auch das Tolle an Liebe, oder etwa nicht?

Ich finde es sehr schade, wie Emelys Charakter manchmal gnadenlos verurteilt wird. Gar nicht mal deswegen, weil sie ein Charakter ist, der aus meiner Feder stammt und ich sie ins Herz geschlossen habe, sondern weil es zeigt, wie hart mit Menschen ins Gericht gegangen wird, die nicht schon mit einem gesunden Selbstbewusstsein auf die Welt kamen, sondern es sich in mühevoller Kleinarbeit langsam aufbauen müssen. Nicht alle Menschen sind gleich, manchen fallen Dinge schwerer als anderen, und der gesellschaftliche Druck, der auf solchen Menschen lastet, ist doch recht enorm. Eigentlich sind aber gerade "Ängste" ein Thema, vor dem niemand verschont wird. Jeder hat sie, nur die Bereiche, in denen sie auftreten, unterscheiden sich. Bei Emely drehen sich die Ängste, aus Mangel an Erfahrungen, eben um das Thema Liebe.

Mir ist klar, dass wir in einem Buchzeitalter leben, in denen Jungfrauen sich auf SM-Verträge einlassen, und das mag auch einen gewissen Unterhaltungsfaktor mit sich bringen, aber mit der Realität hat das sehr wenig gemeinsam.


2. Warum kann Sie ihm nicht verzeihen? Warum lässt sie die Vergangenheit nicht einmal nach der Aufklärung hinter sich?

Wie sollte jemand, der sieben Jahre lang verletzt war, von heute auf morgen mit allem abschließen und verzeihen können? Das würde im wirklichen Leben niemals stattfinden. Dass die Dinge in der Vergangenheit doch anders lagen, als Emely dachte, macht die sieben Jahre und den Kummer von damals nicht ungeschehen. Das Ereignis hat sie in ihrem weiteren Liebesleben dauerhaft geprägt. So sehr sie ihn lieben kann, so sehr hat er auch die Macht, sie zu verletzen. Es saß wahnsinnig tief bei ihr. Ich hätte es im höchsten Maße unrealistisch gefunden, wenn ein Charakter wie Emely nach der Aufklärung gesagt hätte "Oh, das ist ja super! Willst du mich heiraten?". Verzeihen ist ein Prozess. Sowohl im wahren Leben, als auch bei fiktiven Charakteren. Wenn dann gerade wie bei Emely so etwas wie Vertrauensängste obendrauf kommen, kann dieser Prozess schon mal eine Weile Zeit in Anspruch nehmen. Emely bewegt sich in kleinen Schritten vorwärts, es sind viele Kleinigkeiten, in denen sich zeigt, dass sie sich in Richtung Vergeben bewegt. Ein Verzeihen von heute auf morgen hätte einen starken Charakterbruch bedeutet.

Außerdem darf man nicht vergessen, dass der Leser mehr weiß als Emely. Entscheidende Informationen fehlen ihr; sie kann nur das beurteilen, was Elyas ihr von Angesicht zu Angesicht zeigt. Und da spricht er nur selten klare Worte, im Gegenteil, er liebt es, sie immer und immer wieder herauszufordern.


3. Du erwähnst Elyas seine zimtfarbenen Haare und seine türkisgrünen Augen ziemlich oft. Die beiden umschreibungen liest man eigentlich durchgehend alle paar Seiten. War es Absicht oder einfach zufall?
Die türkisgrünen Augen werden wirklich öfter erwähnt, hauptsächlich deswegen, weil sie Emelys "Kryptonit" sind. Sie steckt in einem Zwiespalt: Einerseits steht sie Elyas gegenüber, fest entschlossen, ihn zu hassen, und anderseits faszinieren sie seine Augen und das, was sie meint darin zu sehen, bei jedem Blick aufs Neue.

Ich finde, dass Augenkontakt eine sehr intime Wirkung haben kann. In Augen liegt so viel Geheimnisvolles verborgen, Gedanken, Gefühle und Wahrheit. Für mich war das beim Schreiben immer eine Art Brücke. In seinen Augen sieht sie, dass Elyas vielleicht ja doch gar kein so schlechter Kerl ist, wie sie ihn gerne hinstellt, und dass sie eigentlich, ganz tief im Inneren, schon sehr gerne hinter Elyas' Fassade blicken würde.

Dass nicht jeder die Erwähnungen gut fand, kann ich nachvollziehen. Diese Kritiken habe ich mir zu Herzen genommen und werde sie berücksichtigen.


4. Die Freundschaft zwischen Emely und Alex wird auch oft angekreidet. Es sind zu viele Beleidigungen enthalten oder sie sind einfach nicht füreinander da. Was kannst du uns dazu sagen?
Ich vergleiche Emely und Alex immer gerne mit einem alten Ehepaar. Sie können nicht miteinander, aber ohneeinander können sie auch nicht. Die beiden kennen sich in-und auswendig. Alex weiß genau, wie sie Emelys Sarkasmus zu deuten hat, und Emely weiß im Gegenzug, dass Alex es oftmals gut meint, auch wenn sie es eigentlich nicht gut macht. Im Prinzip sind die beiden komplett unterschiedliche Menschen. Es ist ganz klar, dass es da zu Reiberein kommt und nicht immer nur liebhabende Harmonie herrscht. Das Wichtige ist aber: Im Herzen haben sie sich sehr gern, trotz der Differenzen, und es gibt einige Stellen im Buch, die zeigen, dass sie, wenn es darauf ankommt, immer füreinander da sind.

Jeder Mensch hat eine andere Vorstellung von Freundschaft und ich kann durchaus nachvollziehen, dass diese vielleicht anders ausfällt als jene, die Alex und Emely miteinander führen. Aber wo steht geschrieben, wie eine Freundschaft auszusehen hat? Nirgends – das Einzige, das existiert, sind unsere subjektiven Erwartungen. Ich für meinen Teil finde nicht, dass jede Freundschaft gleich sein muss, und bin der Meinung, dass Emely und Alex eine spürbare Verbindung zueinander haben.


5. Emely beleidigt Elyas ja ziemlich oft in den beiden Büchern. Er nimmt es aber so gut wie immer locker. Warum verhält er sich so und gibt nicht einfach nach dem zehnten mal auf?
Zu allererst versteht Elyas Sarkasmus. Nicht jeder – und das ist nicht böse gemeint – kann das. Beim Sarkasmus darf man nicht jedes Wort auf die Goldwaage legen – tut man es doch, klingt es wie eine Beleidigung. Eigentlich ist es aber eine Form von unterschwelligem, teils makabrem, trockenen oder auch sehr bissigem Humor. Es ist aber – ganz wichtig! – Humor. Aus meinem eigenen Leben weiß ich, dass manche Menschen das einfach viel zu ernst nehmen und mit dieser Art von Humor nichts anfangen können. Das ist auch gut so, wäre ja irgendwo schade, wenn wir alle über das Gleiche lachen würden.

Punkt 2 ist, dass Elyas durchaus über ein gesundes (teils auch darüber hinaus) Selbstbewusstsein verfügt. Ein Mann mit niedrigem Selbstbewusstsein oder gar reinem aufgeblasenen Ego wäre schon längst beleidigt von dannen gezogen. Elyas dagegen besitzt die Selbstbeherrschung, sich über diese abweisende Haltung von Emely zu stellen. Er denkt sich "Sie will kratzen?" – "Gut, soll sie kratzen. Ich kann das ab." Er merkt ja sehr wohl, dass Emelys Abweisung sehr viel mit Selbstschutz zu tun hat. Er will ihr zeigen, hey, egal wie sehr du versuchst mich loszuwerden, mein Interesse an dir ist so groß, dass ich dennoch bleibe. Diese Frau ist ihm verdammt viel wert, und wenn es bedeutet, ein paar Seitenhiebe einstecken zu müssen, um sie zu bekommen, dann nimmt er diese gerne in Kauf.

Punkt 3: Die Abweisung spornt ihn wahnsinnig an. Männerregel Nummer 1: Was Männer nicht haben können, wollen sie unbedingt. Das ist ein ungeschriebenes Gesetz. Ihr Verhalten stellt durchaus einen großen Reiz für ihn da. Er konnte sich immer nehmen, was er wollte, aber bei Emely beißt er auf Granit.

Punkt 4: Es gibt da etwas, das nennt sich "schlechtes Gewissen", und auch Elyas kann ein Lied davon singen. Zum einen plagen ihn Gewissensbisse wegen der gemeinsamen Vergangenheit, und zum anderen wegen einer Sache, die in der Gegenwart stattfindet und die ihm von Tag zu Tag mehr Schuldgefühle beschert, und nicht zuletzt: Seine anfänglichen Motive, als er Emely wiedergetroffen hat. So ganz unbegründet ist ihr Misstrauen ja nicht, niemand weiß das besser als er.

Wenn man von sich selbst weiß, dass das eigene Verhalten auch nicht immer politisch korrekt ist, kann man Gleiches bei anderen Personen leichter verzeihen.

Punkt 5: Er akzeptiert und mag Emely so wie sie ist. Er will sie gar nicht anders. So, wie sie ist, genauso ist sie gut.


6. Was mir sehr oft aufgefallen ist, ist die Tatsache, dass sich so gut wie alle Leute, mit schlechten Bewertungen darüber aufregen, dass das Buch plötzlich aufhört. Von "Man hätte ja einen Teil daraus machen können" bis zu "das ist doch nur Geldhascherei" habe ich schon alles gelesen. Ihrer Meinung nach hätte man doch locker aus zwei Bücher eines machen können. Möchtest du etwas dazu sagen?
Mit Geldhascherei hat das überhaupt nichts zu tun. Der Grund, warum die Geschichte aus zwei Bänden besteht, ist so einfach wie simpel: Als ich meine gedruckten Bücher noch selbstverlegt habe, konnte ich mir den Druck der ganzen Geschichte nicht leisten. Das Buch hätte über 900 Seiten gehabt und die Herstellungskosten in kleiner Auflage wären so hoch gewesen, dass ich am Ende 30 Euro für das Buch hätte verlangen müssen, um selbst nicht draufzuzahlen. Und wer hätte sich schon ein Buch von einer unbekannten Autorin für 30 Euro gekauft? Niemand.

Genauso verhält es sich mit den Kosten für das Lektorat. Ich habe meine Bücher von einer professionellen Lektorin lektorieren lassen. Das lohnt sich, ich würde es jederzeit wieder tun, aber günstig ist es leider nicht. Durchschnittlich muss man zwischen 4-6 Euro pro Normseite (entspricht einer Buchseite) rechnen, und bei einem Buch über 900 Seiten … Ihr verseht? Allein die 450 Seiten vom ersten Band waren eine sehr große Investition.

Die Entscheidung war alles andere als leicht, weil die beiden Bände für mich einfach zusammengehören und auch zusammen gelesen werden sollten. Aber die einzige Möglichkeit, die es gab, war die Geschichte zu teilen. Ich schreib ein vorzeitiges Ende im ersten Band, an das der zweite Band anknüpfen konnte. Meinen damaligen Titel warf ich über den Haufen und überlegte mir stattdessen zwei.


7. Die Geschichte ins langatmig und absolut nicht spannend? Wie empfindest du die Geschichte von Emely und Elyas selbst?

Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter sind Geschichten, in denen es rein um das Zwischenmenschliche geht – die Welt steht nicht kurz vor dem Untergang, keine Horde Vampire möchte die Menschheit ausrotten und Tot und Verderben mit sich bringen, und kein Massenmörder schlachtet auf bestialische Weise seine Nachbarn ab. In meinen Büchern geht es um Menschen wie du und ich, mit Macken, Ängsten und Stärken, mit dem Talent sich selbst im Weg zu stehen, wie wir alle es tagtäglich tun, um Zuneigung, Gefühle, Liebe, Knistern – um den Prozess des Verliebens. Auf eine reale Weise, wie er so oder so ähnlich tatsächlich irgendwo auf der Welt stattfinden könnte.

Liebe, egal zu wem oder was, macht das Leben lebenswert. Ich finde, dass genau darin die schönste Spannung liegt, die es überhaupt gibt. Aber nicht jeder empfindet das so. Manche brauchen eine andere Art von Action, und das kann ich natürlich vollkommen akzeptieren.

Ich bin ein Mensch, der in Kleinigkeiten verliebt ist. Ich finde, dass der größte Zauber in den kleinsten Dingen verborgen liegt. Eine kleine Berührung, eine Geste, ein Blick, Worte, die unter die Haut gehen, Annäherungen, Andeutungen, kleine Geständnisse, diese Momente, in denen alles kribbelt, obwohl gar nichts "Großes" passiert ist, aber für die beiden Personen bedeutet es in diesem Augenblick die Welt … Es muss nicht immer gleich ein Kuss oder gleich Sex sein, das sind die großen Schritte, aber dazwischen existieren noch so viele bezaubernde Kleinigkeiten.

Nicht jeder Mensch teilt mit mir diese Wahrnehmung. Für manche ist eine kleine Berührung unbedeutend, stattdessen würden sie lieber einen großen Schritt sehen. Bei mir besteht ein großer Schritt aber immer aus vielen kleinen Schritten. So wie es im Leben eigentlich auch ist.


8. Einige sagen, dass an den Dialogen absolut nichts witzig ist! Woher nimmst du deinen Humor und deine Sarkastischen Sprüche? Bist du als Person selber so?
Sarkasmus ist etwas, das man nicht vortäuschen kann – entweder man hat ihn, oder man hat ihn nicht. Demnach bin ich voll und ganz die allein schuldige unwitzige Person, die für die unwitzigen Dialoge verantwortlich ist.


9. Einigen Lesern ist es auch viel zu offensichtlich, wer Luca ist. Was steckt hinter deiner Überlegung? Wolltest du, dass man nach und nach erraten kann, wer Luca ist oder sind wir einfach alle super Detektive?

Dass man erraten kann, um wen es sich bei Luca handelt, war natürlich beabsichtigt. Bei Kirschroter Sommer geht es nicht um die Frage, für wen Emely sich am Ende entscheiden wird. Es ist keine Dreiecksgeschichte, es ist klar, für wen ihr Herz schlägt. Da der Markt aber von Dreiecksgeschichten überschwemmt ist, gehen sehr viele davon aus, dass sich auch meine Bücher um diese Thematik drehen, und sind enttäuscht, wenn das nicht der Fall und das Rätsel relativ schnell zu lösen ist.

Warum das mit Luca offensichtlich ist, hat mehrere Gründe. Zum einen wollte ich nie einen Konkurrenten einschleusen. Ich finde das so langweilig, und mal ehrlich, wie einzigartig kann eine Liebe sein, wenn es gleichzeitig mehrere Männer gibt, an denen man ernsthaft interessiert ist? Luca zeigt eine andere Seite von Elyas, eine Seite, die Emely ihm nie zutrauen würde. Der Leser weiß mehr als Emely, kann das Bild um Elyas früher vervollständigen, während sie selbst noch im Dunkeln tappt. Ich wollte, dass der Leser diesen Blickwinkel hat, und habe in Kauf genommen, dass es einigen nicht gefallen könnte oder die Objektivität bei der Handlung, durch das Vergessen des Mehrwissens und die eigene Ungeduld, verloren geht.

Und auch Emely lernt man durch den Mailverkehr auf eine andere Weise kennen. Es zeigt, dass sie auf andere Männer ganz anders zugeht als auf Elyas. Viel offener, viel vertrauensseliger. Warum sie auf Elyas reagiert, wie sie reagiert, hat einzig und allein mit Elyas zu tun. Ich persönlich fand es einfach spannender schon bald zu wissen, wer hinter den Mails steckt, Elyas von einer anderen Seite kennenzulernen, das ganze Geschehen von oben zu beobachten und darauf zu warten, wie, wo und wann es aufgeklärt wird, wie Emely reagieren wird, wie Elyas sich erklären wird, wie sich der Mailverkehr auf das reale Verhältnis von Emely und Elyas beim Gegenüberstehen auswirkt, und so weiter. Außerdem konnte ich damit deutlich zeigen, wie unterschiedlich Emely eine Person wahrnimmt, wenn sie nicht weiß, dass eigentlich ein- und derselbe Mensch dahintersteckt.


10. Du hast mit Sicherheit selber negative Rezensionen von deinem Buch gelesen, wie empfandest du es?

Grundsätzlich muss man sagen, dass es kein Buch auf der Welt gibt, das alle Menschen gut finden. Das ist schlichtweg nicht möglich, und dessen muss man sich als Autor auch bewusst sein. Das Höchste, was man erreichen kann, ist, dass es vielen Menschen gefällt. Und ich habe das große Glück, dass bei mir Letzteres eingetreten ist.

Anfangs hat mich negative Kritik sehr getroffen. Nicht verwunderlich, mein Herz hängt schließlich an dem, was ich tue, wie sollte mich ein Verriss da kaltlassen? Mit der Zeit lernt man aber zu differenzieren. Nicht jede Kritik ist ungerechtfertigt – aber auch nicht jede Kritik ist gerechtfertigt. Manchmal ist sie sogar einfach nur quatsch, das muss man wirklich ganz klar sagen. In solchen Fällen muss man als Autor lernen, drüber zu stehen.

Beleidigende Inhalte (ja, es gibt leider tatsächlich Menschen, die im Schutz der Anonymität des Internets beleidigend werden), prallen mittlerweile an mir ab. Wenn mir ein Buch nicht gefallen hat, dann beleidige ich nicht den Autor – Beleidigungen haben immer ein persönliches Motiv. Sprich, es geht nicht um das Buch, sondern um mich. Ich finde es sehr schade, diese Erfahrung machen zu müssen, aber ich hatte doch schon die ein oder andere Begegnung mit Neid, Missgunst und Gehässigkeit. Ich kann das nicht nachvollziehen, habe für mich aber akzeptiert, dass es leider solche Menschen gibt und ich das nicht ändern kann.

Wenn ich eine sachliche und konstruktive Kritik zu meinen Büchern lese, dann setze ich mich immer damit auseinander. Ich versuche herauszufiltern, wie objektiv oder subjektiv die Meinung ist, womit die Person recht hat, womit nicht, was ich aus welchem Grund anders sehe, versuche mich in den Blickwinkel des Kritikers hineinzuversetzen etc.

Ich bin sehr, sehr selbstkritisch, was das Schreiben angeht, und habe ständig das Ziel, mich zu verbessern. Über Kritik, aus der ich mir etwas ziehen kann, bin ich deswegen immer wahnsinnig dankbar.


11. Gibt es noch etwas, was du uns / meinen Lesern / deinen Lesern gerne mitteilen möchtest?
Kirschroter Sommer und Türkisgrüner Winter sind Bücher, die einen dazu verleiten, beim Lesen nicht nachzudenken und alles Geschriebene einfach hinzunehmen, wie es auf dem Papier steht. Das täuscht allerdings. Es ist nicht alles schwarz auf weiß festgehalten, auch zwischen den Zeilen gibt es eine Menge zu lesen. Es sind Bücher, für die man Empathie braucht, und hinter denen doch mehr steckt, als man vielleicht im ersten Moment annimmt.

Ich freue mich wirklich sehr, dass inzwischen schon so viele Menschen von meinen Büchern begeistert sind, und finde es toll, dass im Zeitalter des Internets jeder seine Meinung zu einem Buch kundgeben kann – auch wenn die Meinung nicht immer positiv ausfällt. Im besten Fall kann ich als Autor etwas davon lernen, nur allein von Lob wird man nicht besser. (Erfreulich ist Lob natürlich trotzdem seeeehr!). Nur destruktive Kritik bringt niemanden etwas, der Respekt, den man vor jedem Menschen haben sollte, sollte niemals verloren gehen. Und Missgunst und Gehässigkeit sind so hässliche Charaktereigenschaften, da schüttelt es mich, brrrrr. Das muss wirklich nicht sein. Ansonsten bin ich immer für alles offen.

Zum Schluss möchte ich mich noch mal ganz herzlich bei Franziska für die Idee dieses tollen Interviews bedanken. Ich schreibe meine Geschichten nicht einfach nur dahin, sondern mache mir tausende Gedanken, alles ist durchdacht und – für mich – in sich logisch. Es gibt inzwischen so viele Meinungen über meine Bücher zu lesen, und manchmal juckt es mich in den Fingern darauf zu antworten. Deswegen ein ganzes großes Dankeschön an dich, liebe Franzi, dass du mir die Möglichkeit gegeben hast, zu den Kritikpunkten Stellung zu beziehen!



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